Die Kanincheninsel

Autoren
Illustrator
Jörg Müller
Verlag
Sauerländer Verlag

Zusammenfassung zu “Die Kanincheninsel”

In einer „Kaninchenfabrik“ werden Kaninchen gemästet. Sind sie fett genug zum Schlachten, werden sie aus ihren winzigen Käfigen geholt und mit einem Lastwagen zum Schlachthof abtransportiert. Ebenfalls mit einem Lastwagen wird der Nachschub in Kisten in die Halle gebracht. In den Kisten sitzen die jungen, kleinen Kaninchen, die als nächstes gemästet werden. Eines dieser neuen jungen Kaninchen, ein kleines braunes, wird zu einem alten großen grauen Artgenossen in den Käfig gesetzt. So geschieht es auch in den anderen Käfigen um die beiden herum. Aber von eben diesen beiden Kaninchen erzählt dieses Buch. Beide fangen an sich zu unterhalten und schnell wird klar, dass keiner genau weiß, was mit den fetten Kaninchen passiert, die im Tausch für die jungen mageren in den Kisten landen und fortgebracht werden. Das große graue Kaninchen vermutet, dass sie an einem noch besseren Ort landen, wo es weiße riesengroße Wächterkaninchen gibt, die die Guten schützen.

Das kleine braune Kaninchen stellt sich daraufhin den wunderschönen Ort vor und will nicht bis zu seinem Abtransport warten, um dort hinzugelangen. Das Große Graue behauptet, es hätte bereits seit längerer Zeit einen Plan zum Ausbruch und schon fangen beide an, ein Loch in die Rückwand des Käfigs zu nagen. Sie haben Glück: Direkt hinter ihrem Käfig endet ein Lüftungsschacht, dem die beiden nach draußen folgen. In der wiedergewonnenen Freiheit wird schnell klar, dass das Große Graue mit der fremden Umgebung überfordert ist. Es muss sich an seinen kleinen Freund halten. Gemeinsam erleben sie die Gefahren des Lebens eines Wildkaninchens. Als das Kleine Braune mit dem Bau einer Höhle beginnt und seinen Freund um Hilfe bittet, erkennt es, dass es vielmehr selbst helfen muss: Das Große Graue zittert am ganzen Körper, hat Kopfschmerzen vom ungewohnten Tageslicht und ist in eine Schockstarre verfallen…

Wichtige Charaktere

  • ein junges, kleines Kaninchen, genannt „das Kleine Braune“
  • ein altes, großes Kaninchen, genannt „das Große Graue“

Zitate

„In Wirklichkeit hatte das Große Graue nie daran gedacht zu fliehen. Es hatte vergessen, dass draußen Blumen blühen, dass es Regen gibt und Wolken und Schnee. So lange schon hatte es in der Fabrik gelebt. Tapfer fing es nun aber an zu nagen. Das Kleine Braune tat es ihm nach, und als das Loch groß genug war, schlüpfte es hindurch.
‚Wenn ich nur nicht stecken bleibe‘, wisperte das Große Graue, während das Kleine Braune voraushetzte.“

„So legten sich die beiden ins trockene Schilf und waren bald eingeschlafen: das Kleine Braune, weil es so klein war, das Große Graue, weil es das Laufen und Hüpfen in der Kaninchenfabrik verlernt hatte.“

Persönliche Bewertung

Ein ehrliches, trauriges und zugleich hoffnungsvolles Buch

5 von 5

Das Bilderbuch „Die Kanincheninsel“ ist erstmals 1977 beim Sauerländer Verlag erschienen. Nach mehreren Auflagen als gebundenes Buch gab es neben einer broschierten Ausgabe mit Poster und vier Postkarten im Schweizer Unionsverlag auch eine Hörspielfassung als Kassette und CD. Leider wird das Bilderbuch derzeit von keinem Verlag verlegt. Es ist ein Buch mit relativ viel Text für diese Gattung und daher zum Vorlesen ideal. Auch aufgrund des anspruchsvollen Inhalts empfiehlt es sich, Kindern für Fragen und Erklärungen zur Verfügung zu stehen. Bis die beiden Protagonisten sich kennenleren, gibt es nur den Erzähler, der die Szene einleitet. Danach gibt es neben den erzählerischen Einschüben viele Dialoge zwischen dem alten und dem jungen Kaninchen. Beides in einer beeindruckend stimmigen Sprache von Jörg Steiner zu Papier gebracht. Sein Stil vermittelt ideal die Stimmung der beiden Charaktere und die Atmosphäre, in der sie sich aufhalten. Es berührt einen, wenn das Große Graue vor seinem neuen Freund nicht zugeben will, dass es so vieles in der Gefangenschaft vergessen hat und in Freiheit nicht zurecht kommt.

Die Illustrationen stammen von Jörg Müller. Er verklärt nichts und zeichnet alles detailgetreu, beim Inneren der Mastfabrik konzentriert er sich auf ein erträgliches Maß des Geschehens und kommt so ohne Schockbilder aus. Außerhalb des Fabrikgeländes zeichnet er auch die Strommasten und Straßen neben Wiesen, Fluß und Bäumen. Die Größe und Anordnung seiner Bilder variiert. Es gibt ganzseitige Illustrationen, eine doppelseitige, quadratische, die fast eine Seite einnimmt und viele kleinere, die ähnlich einem Comic in Panels angeordnet sind (drei Bilder untereinander, zwei Bilder nebeneinander usw.). Zu Beginn der Geschichte zoomt er von der Außenansicht der Fabrik bis schließlich hinein in den einzelnen Käfig. Um den Ausbruch besser nachvollziehbar zu machen, zeigt er dafür eine Querschnittansicht. Zwar ist das Buch farbig, Jörg Müllers Farben wirken aber nicht knallig sondern abgedämpft, wie durch einen Filter. In einigen Bildern erzählt er den Text weiter, etwa wenn die Kaninchen über einen Baumstamm über den Fluß hoppeln.

Fazit

Mastkaninchen werden irgendwo „produziert“. Dieses Bilderbuch zeigt, wo und wie es den Tieren dort ergeht. Und was vermutlich passieren würde, wenn ihnen die Flucht gelingt. Neben der Freundschaft der beiden Tiere liegt der Fokus auf dem, was die Gefangenschaft mit (und aus) dem Großen Grauen gemacht hat. Welche Ausgabe man nehmen sollte, ist dem Geschmack überlassen (die gebundene Ausgabe ist von der Farbwiedergabe kälter und düsterer, die broschierte heller und wärmer und auf glattem Papier gedruckt), wichtig ist solch ein Buch in jeder gut sortierten Bibliothek unbestritten!

ISBN10
3794116364
ISBN13
9783794116362
Dt. Erstveröffentlichung
1977
Gebundene Ausgabe
32 Seiten
Empfohlenes Lesealter
Ab 5 Jahren