Der Mond zu Gast

7 ungewöhnliche Geschichten aus Japan über das Leben und das Glück

Autoren
Illustrator
Shimowada Sachiyo
Übersetzer
Koyama Yoko
Peter Siebert
Verlag
Baobab Books

Zusammenfassung zu “Der Mond zu Gast”

Das Buch enthält sieben Geschichten, in denen immer Tiere mit menschlichen Charaktereigenschaften eine Hauptrolle spielen. In der ersten Geschichte geht es um einen verwirrten Bären, der sich nach einem Schlag auf den Kopf nicht mehr an das Aussehen seiner Partnerin erinnern kann und sich auf die Suche nach ihr begibt. In der zweiten Geschichte ist ein weinender Tiger traurig darüber, einen Fuchs gefressen zu haben. Er ist aber nicht der einzige, dem es so ergeht – aus seinem Bauch melden sich noch andere Tiere zu Wort. Die dritte Geschichte handelt von einem Schlangenkind, das an seinen Eltern verzweifelt – der Vater hat von den ‚Früchten der Vergangenheit‘, die Mutter von den ‚Keimen der Zukunft‘ gegessen. In der vierten Geschichte bildet sich ein Rabe ein, in einem Baum einen Silberreiher zu sehen und gerät darüber mit anderen Tieren in Streit. Danach begegnet der Leser der Kaulquappe ‚Hä‘, die viele Fragen stellt und sich mit einer Libellenlarve anfreundet – aber bestimmt nie so werden will wie ihr Vater. In der vorletzten Geschichte sinniert dann ein Hirschbock über den Sinn des Lebens und nimmt sich einen Wasserkessel als Schoßtier, bevor in der letzten Geschichte ein einsamer Kragenbär (er leidet an Schlafstörungen und kann daher keinen Winterschlaf halten) auftaucht und sich nach einem Freund sehnt…

Zitate

„‚Vielleicht sollte ich auch zu den Sternen fliegen. Warum eigentlich nicht? Ich habe es satt, von niemandem geliebt zu werden und immer allein zu sein. Selbst wenn ich abstürzen sollte, ohne ein schöner Sternrabe geworden zu sein – wäre es nicht ein Glück für mich, wenn zumindest meine Seele zu einem Stern würde und künftig am Himmel strahlte?'“

„Da die Seele bei Kaulquappen den ganzen Körper ausfüllt, wurde Hä von bedrückender Einsamkeit überschwemmt. Er wurde dadurch zusehends schwerer, so dass er wie eine kleine Eisenkugel nach unten sank.“

„Hoitschi überlegte, was eigentlich ‚der Sinn des Lebens‘ sei, von dem das Stachelschwein eben gesprochen hatte. Sollte der so wichtig sein, dass man nicht mehr wahrnimmt, was um einen herum geschieht?“

„Der Bär lief nach rechts. Besorgt bewegten sich die Sterne mit ihm nach rechts. Der Bär lief nach links. Bestürzt eilten die Sterne auch nach links. Der Bär rannte geradeaus. Die Sterne sausten geradeaus hinter ihm her. Als der Bär plötzlich anhielt, stießen die Sterne klickend zusammen und kamen nur schwer zum Stehen.“

Links

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Persönliche Bewertung

Wer skurrile Charaktere mag und keine Angst vorm Nachdenken hat, wird dieses Buch mehrmals lesen!

4 von 5

Die Autorin schafft es in einer einfachen und unaufdringlichen Art Tiergeschichten mit teils skurrilen Hauptdarstellern und einer Prise Wortwitz zu erzählen. Wenn den Tieren (oder Gegenständen) von ihr menschliche Eigenschaften zugedacht werden, gipfelt das etwa in dem Waschbären, der einen Putzfimmel hat und alles waschen muss, in der Schildkröte, die so langsam lebt, dass sie Antworten auf Fragen erst einen Tag später gibt, oder in dem Schaukelstuhl, der ohnmächtig wird, wenn sich ein Bär auf ihn setzt. Durch die kindgerechten, teils farbigen, teils schwarzweiß gehaltenen Illustrationen wird das Buch zusätzlich aufgelockert. Sie wirken zwar unterstützend beim Verständnis des Textes (besonders für Kinder), mir persönlich (als Erwachsenem) hat die Umschlaggestaltung allerdings besser gefallen als die Umsetzung im Buch.

Ando Mikies Geschichten machen aber nicht nur Spaß (manche sind eher traurig), sondern bieten unterm Strich noch viel mehr, was bleibt und über das nachgedacht und gesprochen werden kann bzw. sollte. In jeder Geschichte steckt eine Lebensweisheit, die es zu Tage zu fördern gilt. Ob das nun der weinende Tiger ist, der mit dem Kreislauf des Lebens hadert (hier darf der Mensch sich durchaus bewusst werden, dass er kein Tiger ist und eine Wahl hat zu entscheiden, was er essen möchte und was nicht), die konstruktivistische Kaulquappe ‚Hä‘ („Jeder glaubt nur das, was er mit eigenen Augen gesehen hat. Aber keiner weiß, was wirklich wahr ist.“) oder der Hirschbock ‚Hoitschi‘, der zu der Erkenntnis kommt, dass die Bestrebung nur noch Sinnloses zu tun bei Mißerfolg auch wieder Sinn ergibt und letztlich über einem Reisbällchen seinen Sinn im Leben wiederfindet.

Der Mehrwert, den dieses Buch bietet, ist meiner Meinung nach nicht hoch genug zu bewerten. Nicht ohne Grund gibt es beim Verlag Unterichtsmaterialien – ob nun in der Schule, in der Familie oder an außerschulischen Lernorten, dieses Buch ist sehr zu empfehlen, wenn Wert auf eine kindgerechte, philosophische und unter der Oberfläche kratzende Auseinandersetzung mit Themen wie Freundschaft und Einsamkeit, Neid und (Un-)Zufriedenheit, Leben im Hier und Jetzt, Sinnsuche, Wahrnehmung und konstruierte Wirklichkeiten, Liebe, Ernährungsgewohnheiten sowie das eigene Heranwachsen gelegt wird!

Fazit

Dem ersten ins deutsche übersetzte Buch der japanischen Autorin Ando Mikie dürfen gerne weitere folgen.

Originaltitel
Atama no uchidokoro ga warukatta kuma no hanashi
ISBN10
3905804344
ISBN13
9783905804348
Dt. Erstveröffentlichung
2011
Gebundene Ausgabe
104 Seiten
Empfohlenes Lesealter
Ab 8 Jahren