Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär

Roman, erstmals in Farbe

Autoren
Illustrator
Walter Moers
Verlag
Knaus Verlag

Zusammenfassung zu “Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär”

Alles beginnt damit, dass Käpt’n Blaubär in einer Walnussschale im Ozean ausgesetzt und von den legendären Zwergpiraten aufgenommen wird, als der Malmstrom ihn gerade zu verschlingen droht. Hier verbringt er sein erstes Leben und lernt alle wichtigen Handgriffe der Seefahrt, bis aus dem kleinen Blaubär ein zu großer Bär wird, um weiter auf dem Zwergpiratenschiff zu reisen. Auf einer einsamen Insel ausgesetzt, bleibt er jedoch nicht lang allein: Angezogen von seinen Tränen der Verzweiflung interessieren sich die Klabautergeister für den blauen Bären und nehmen ihn mit auf ihre Insel, wo sein zweites Leben beginnt. Die Tage sind hier erfüllt von Heulen auf Kommando, bis es Käpt’n Blaubär zu viel wird und er von der Klabauterinsel flieht. Zurück auf dem Meer macht er die Bekanntschaft der Tratschwellen, die ihn das Sprechen in allen Variationen leeren, von der Predigt bis zum Kompliment, vom Toast bis zur Tirade. Nachdem diese Mission erfüllt ist, verabschieden sich die gesprächigen Wellen wieder und Blaubärs nächstes Abenteuer beginnt, als er beinahe von einem Tyrannowalfisch Rex verschluckt wird. Erst als ihn der Bär von den zahlreichen Harpunen in seiner Haut befreit hat, setzt ihn der Wal in der Nähe einer paradiesischen Insel ab, die einem Schlaraffenland ähnelt und für mehr als ein Jahr das neue Zuhause des Blaubären wird.

Käpt’n Blaubär verbringt nicht alle seiner 13 1/2 Leben auf dem Meer – nach seiner Karriere als Seemann und Inselbewohner schließt sich ein aufregendes Leben als Navigator auf dem Rücken eines Rettungssauriers an. Doch Blaubär strebt nach mehr, es zieht ihn in die berühmte Nachtschule des Professor Nachtigaller, die sich mitten in den Finsterbergen befindet. Hier lernt er von dem berühmten Eydeeten mit seinen sieben Gehirnen alles, was es in Zamonien und auf der Welt zu wissen gibt, jede Fachrichtung, jede wissenschaftliche Disziplin bringt der Professor seinen wenigen Schülern nahe. Mit diesem Wissen ausgerüstet, ist Blaubär bestens vorbereitet auf seine weiteren Abenteuer: sein Leben im Großen Wald zum Beispiel, die Reise durch die Süße Wüste oder das Leben in Atlantis…

Wichtige Charaktere

  • Käpt’n Blaubär
  • die Zwergpiraten
  • die Klabautergeister
  • die Gourmetica Insularis
  • Deus X. Machina
  • Prof. Dr. Abdul Nachtigaller
  • Fredda, die Berghutze
  • Qwert Zuiopü, der Gallertprinz
  • Groot und Zille
  • der Stollentroll
  • die Waldspinnenhexe
  • die Gimpel
  • die Fatome
  • Balduan Beobab
  • die Idee 16 U
  • der Wahnsinn
  • Chemluth Havanna
  • Nussram Fhakir, der Einzigartige
  • Volzotan Smeik
  • Das Zamomin

Zitate

„Vor dem Haus war ein kleiner Garten angelegt, streng fachmännisch in Nutz- und Zierabteilungen abgegrenzt, in dem speckige Blumenkohlköpfe und feiste Kürbisse wucherten, pralle Tomaten glänzten und große Rhabarberblätter einer Doppelreihe Radieschen Schutz vor der Sonne boten. Rosmarin, Petersilie und Schnittlauch wuchsen neben knallrotem Klatschmohn und wilden Rosen. Ein drolliges kleines Kartoffelfeld, ein paar Reihen Mohrrüben und Zwiebeln, ein Miniaturwald aus Brunnenkresse, Majoran, Minze und Salbei – hier sorgte nicht nur eine geschmackssichere Hand für ästhetische Ordnung, hier herrschte offensichtlich auch eine solide Kenntnis der nötigen Grundnahrungsmittel und der dazu passenden zamonischen und internationalen Würzkräuter. Salbei wuchs dort zusammen mit Zwiebelkraut und Dornendill, Septemberknofel und Zinnoberzimt, Kleinmädchenrauke und Silbersaat, Eierwurz und Korianderkraut, Kaninchenglück und Elfenranke, Peitschenpilz und Senfsalat, Panamapälmchen, krausblättrigem Petroselinum und Winterwulstling, Pantoffelblümchen und Geisterfinger.“

„Wenn man in ein Dimensionsloch stolpert, stürzt man in alle Richtungen gleichzeitig, nach unten, oben, rechts und links, nach Norden, Süden, Osten und Westen. Man fällt außerdem durch die Zeit, und zwar rückwärts mit doppelter Lichtgeschwindigkeit, wobei die Sturzbahn eine sogenannte Nachtigallersche Oktavschleife beschreibt. Professor Nachtigaller hatte sich mit diesem Phänomen als erster beschäftigt, wie üblich. Unter einer Nachtigallerschen Oktavschleife muss man sich eine Doppelschleife in Form einer achtfachen Acht vorstellen, die sich zu einem Achtel im Raum, zu einem Achtel in der Zeit und zu den sechs anderen Achteln in den übrigen Dimensionen befindet, wodurch man sich, während man stürzt, zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort des Universums gleichzeitig befindet.“

„Aus dem ‚Lexikon der erklärungsbedürftigen Wunder, Daseinsformen und Phänomene Zamoniens und Umgebung‘ von Prof. Abdul Nachtigaller:
Menschen, die: Daseinsform aus der Familie der sprachbegabten Säugetiere, aufrecht gehender Daumenträger von mäßiger Intelligenz (nur ein Gehirn). Menschen verfügen über zwei Arme, zwei Beine, einen Kopf, aber keinerlei magische, eydeetische oder telepathische Fähigkeiten, was sie in Zamonien zu Außenseitern macht.“

Alle Zamonien-Romane

Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär
Ensel und Krete
Rumo & Die Wunder im Dunkeln
Die Stadt der Träumenden Bücher
Der Schrecksenmeister
Das Labyrinth der Träumenden Bücher
Das Schloss der Träumenden Bücher (erscheint im Herbst 2014)

Trailer zum Buch

Links

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Website über Zamonien

Persönliche Bewertung

Ein Meisterwerk der Fantasie, beispiellos originell und erstklassig erzählt!

5 von 5

Käpt’n Blaubär braucht eigentlich nicht vorgestellt zu werden. Bekannt als Kinderserie, in seinem gestrandeten Schiff lebend, wo er seinen Neffen und Hein Blöd von den schier unglaublichen Abenteuern seines Lebens erzählt. Doch wie kam es dazu, wie kam der Blaubär zur Welt? Dieser erste Roman in der Zamonien-Reihe wird nicht nur von Moers‘ wahrscheinlich bekanntester Figur erzählt, er stellt auch die phantastische zamonische Welt vor, in der alle weiteren Romane der Reihe spielen. Und all das eindeutig nicht für eine junge Zielgruppe, an die sich die Fernsehserie richtet, sondern für ältere und erwachsene Leser geschrieben, denn Moers‘ Wortgewalt ist deutlich zu komplex und verwirrend für zu junge Leser. Darauf deutet schon der opulente Umfang des Buches hin: mit über 700 Seiten kann man die Moers’sche Erzählung um den Blaubären durchaus als modernen Epos bezeichnen.

Geschrieben ist die Geschichte in Ich-Form, durchweg aus der Sicht des Blaubären höchstpersönlich, der von seinen 13 1/2 bewegten Leben erzählt, bevor er schließlich – möglicherweise – sesshaft wird. Unterbrochen wird der Ich-Erzähler durch Auszüge des „Lexikons der erklärungsbedürftigen Wunder, Daseinsformen und Phänomene Zamoniens und Umgebung“ von Prof. Abdul Nachtigaller, eben jenes berühmten Forschers und Lehrers, der dem Blaubären zu seiner umfassenden Bildung verhilft und ihm zugleich sein Lexikon aufs Gehirn aufspielt, um ihn in mehr oder weniger passenden Situationen mehr oder weniger rechtzeitig mit Informationen über die belebte und unbelebte zamonische Welt zu versorgen – und ihm damit das eine oder andere Mal das Leben zu retten. Dem Leser offenbart sich mit diesen lexikalischen Einträgen die kaum begreifbare Fantasie des Walter Moers, der in seiner erdachten Welt derart viele Wesen, Pflanzen, Dinge, Orte, Nahrungsmittel, Gebrauchsgegenstände und mehr ersonnen hat, dass ihm der größte Respekt für diese Meisterleistung gebührt. Wo andere Romane auf bekannte Fantasyfiguren zurückgreifen, die Handlung zwar spannend ist, aber bestimmte Elemente dennoch bekannt scheinen, ist das Moers’sche Universum so einmalig wie ein Roman nur sein kann.

Und wer ein Gespür dafür hat, liest zwischen den Zeilen haarsträubender Abenteuer auch die eine oder andere spitzfindige Anspielung auf gesellschaftliche Phänomene, die es nicht nur in der Fantasiewelt gibt, beispielsweise der Versuch, ein angepasstes Leben zu führen und die eigenen Sehnsüchte und Leidenschaften zu ignorieren, oder die ungesunde Sucht und der Realitätsverlust, den unermesslicher Reichtum mit sich bringen kann. Sogar eine kleine Episode als Parodie auf die Weltpolitik (die erklärt, warum Menschen in Zamonien so selten sind) findet sich. Anderen Ideen fehlt der Realitätsbezug, doch offenbaren sie die Kreativität des Autors, wenn er zum Beispiel eine Traumorgel erfindet, mit deren Hilfe sich die Regie über die Träume des riesigen Bollogs erklärt, oder die Personifikation der unterschiedlichen Geschehnisse im Gehirn, der Sorgen, Fragen, Antworten und alltäglichen Gedanken und ihrer Interaktion untereinander.

Doch all dies wäre nur halb so beeindruckend, würde der Autor nicht gleichzeitig über ein beachtliches Sprachgefühl verfügen, mit dem er seine Geschichten erzählt. Ob es seine berüchtigten ausschweifenden Aufzählungen sind, die seine Welt so lebensnah und vielseitig erscheinen lassen, oder seine äußerst humorvolle Charakterisierung der unterschiedlichsten vielgestaltigen Figuren, die auch die Episoden in diesem Buch beleben… dem Zamonischen Sog kann sich niemand entziehen, der einen Sinn für anspruchsvolle Fantasie und intelligente Absurditäten sowie ausreichend Geduld für die Moers’sche ausführliche (aber niemals langatmige) Erzählweise mitbringt.

Als erster Roman der Zamonienreihe eignet sich „Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär“ perfekt für den Einstieg in die zamonische Welt, doch auch für Leser, die schon Fortsetzungen kennen, ist das Buch eine echte Bereicherung, vermittelt Hintergründe zu bereits bekannten Orten (die Finsterberge), Figuren (Rumo) und natürlich Professor Nachtigaller und seinem Lexikon selbst, dessen sich Moers auch in den folgenden Romanen bedient. Jetzt, Ende 2013, erscheint das zamonische Erstlingswerk erstmals mit von Florian Biege nachkolorierten Illustrationen, die das Buch zu einem echten Schmuckstück fürs Bücherregal machen, denn – auch das darf nicht unerwähnt bleiben – zum Moers’schen Talentcocktail gehört neben der unvergleichlichen Fantasie und der beeindruckenden Sprachbegabung auch ein Zeichentalent, das es ihm ermöglicht, seine eigenen Geschichten perfekt zu illustrieren, sodass eine vollkommen stimmige Einheit entsteht. Wer bereits die Originalausgabe besitzt, sollte darüber nachdenken, diese zu verschenken und sich die Farbausgabe zuzulegen, die den Illustrationen ganz neue Tiefe und Brillanz verleiht.

Fazit

Wer Walter Moers schätzt, kommt um sein exzellentes Erstlingswerk aus der Zamonienreihe nicht herum. Mit untrüglichem Gespür für Sprache und einem ebenso beeindruckenden Reichtum an Fantasie erzählt er eine Geschichte, die den Autor zu Recht so beliebt und bekannt machte. In der hochwertigen gebundenen Ausgabe mit Farbillustrationen ist der sagenhafte Roman auch ein wunderbares Geschenkbuch, zu Weihnachten oder zum Geburtstag.

ISBN10
3813505723
ISBN13
9783813505726
Dt. Erstveröffentlichung
2013 (2002)
Gebundene Ausgabe
704 Seiten